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Fünf häufigsten Fragen zum Blindengeld

1. Was ist das Blindengeld?

Das Blindengeld erhalten Menschen, die aufgrund einer Krankheit oder durch einen Unfall in der Freizeit erblindet sind. Das sind rund 125.000 Menschen in Deutschland. Das Blindengeld ist eine finanzielle Unterstützungsleistung, die seit über 40 Jahren besteht und mit der diese Menschen die Mehrausgaben, die ihnen wegen ihrer Behinderung entstehen, begleichen. Die Höhe des Blindengeldes ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten blinde Menschen aufgrund ihrer Behinderung entgegen oft verbreiteter anders lautender Aussagen im Übrigen nicht!

2. Wozu brauchen blinde Menschen das Blindengeld?

Rund 80 Prozent aller Sinneswahrnehmungen des Menschen erfolgen normalerweise über das Auge. Dementsprechend gravierend wirkt sich der Verlust der Sehkraft auf alle Bereiche des täglichen Lebens aus. Blind zu sein bedeutet, auf viele Freiheiten, Hobbys und Freuden verzichten zu müssen, die für Sehende selbstverständlich sind. Blindheit verlangt überdies dem Betroffenen sehr viel mehr Konzentration ab, weil er sein Handeln nicht mit den Augen steuern und den Erfolg nicht mit den Augen kontrollieren kann. Blindheit bedeutet außerdem für viele eine große psychische Belastung und führt, zumal im Alter, leicht zu einer Vereinsamung. Schon alles dies könnte es nahe legen, blinden Menschen - aber auch allen anderen Behinderten – einen finanziellen Trost zu gewähren. Das Blindengeld ist aber kein solches Almosen!

Der alleinige Zweck des Blindengeldes ist es, blindheitsbedingte finanzielle Mehraufwendungen auszugleichen. Alles andere muss der blinde Mensch alleine bewältigen.

Was sind nun konkret diese finanziellen Mehraufwendungen, die die Behinderung Blindheit verursacht? Auch bei blinden Menschen sind die Mehraufwendungen abhängig von der individuellen Lebenssituation. Letztlich geht es aber immer darum, die fehlende Sinneswahrnehmung „Sehen“ zu ersetzen. Das kann durch die Hilfe sehender Menschen oder durch technische Hilfsmittel geschehen. Trotzdem werden die Auswirkungen der Blindheit durch das Blindengeld nicht ausgeglichen, sondern nur vermindert.

Um das nur ansatzweise nachvollziehen zu können, machen Sie einfach die Augen zu und versuchen Sie, ganz normale Alltagsdinge zu erledigen. Zum Beispiel früh morgens. Ziehen Sie sich an. Bereiten Sie Ihr Frühstück zu und essen Sie es. Gehen Sie kurz noch einkaufen und anschließend zur Arbeit. – Als Resultat dieses Selbstversuches werden Sie eine verrückte Kleidungskombination anhaben, auf der das halbe Frühstück klebt, zum Mittagessen können Sie sich die Dose Hundefutter statt der geplanten Dose Eintopf aufmachen. Und das alles, nachdem Sie 2 Stunden zu spät und mit einer großen Beule am Kopf (die Markise des Lebensmittelhändlers hing in Ihrer Kopfhöhe) zur Arbeit gekommen sind. Können Sie sich nun einige der Dinge vorstellen, wofür blinde Menschen das Blindengeld benötigen?

Vom Blindengeld finanzieren betroffene Menschen u. a.:

  • Eine sehende Begleitung beim Einkaufen, bei notwendigen Arzt- und Behördenbesuchen und auf allen unbekannten Wegen.
  • Kosten für notwendige Dienstleistungen, die blinde Menschen über das Blindengeld finanzieren, z.B., Schüler, der vorliest beim Einkaufen oder auf dem Weg zum Arzt begleitet. Kosten: 5 € pro Stunde.
  • Haushaltshilfe zum Reinigen der Wohnung 10 € zzgl. Abgaben pro Stunde.
  • Sehende Hilfskräfte beim Reinigen des Haushalts und zur Kontrolle der Sauberkeit der Wäsche oder für viele andere Hausarbeiten.
  • Sehende Menschen, die ihnen die Post und die Kontoauszüge vorlesen und beim Ausfüllen von Überweisungsträgern und Formularen helfen.
  • Bücher in Blindenschrift.
  • Spezielle Hilfsmittel wie sprechende Uhren und taktile Haushaltsgeräte.
  • Blindengerechte Notizgeräte und Verbrauchsmaterialien wie Prägebänder, Folien und Blindenschriftetiketten.
  • Kleinreparaturen, die sehende Menschen ohne Probleme und in kurzer Zeit selbst erledigen.

Mehrkosten blindengerechter Dinge des Alltagslebens zum Vergeichen:

  • Normale gedruckte Gesamtausgabe „Herr der Ringe“; Preis: 32,50 €.  Das selbe Buch in Blindenschrift. Preis: 142,- €.
  • Buch „Winnetou“ von Karl May, Preis: 5,50 €. Das selbe Buch als Hörbuch. Preis: 60,00 €.
  • Küchenwaage, Preis: 53,- €, dagegen die Küchenwaage mit Sprachausgabe kostet 104,50 €.
  • Notizblock, Preis: 0,50 €, das Punktschrift-Notizgerät kostet 450,- €..
  • Kontrollblick in den Spiegel, ob Hose zum Jackett passt, Kosten: 0,- €, dagegen ein Farberkennungsgerät kostet 800,-€.
  • Bügeleisen, Preis: 19,99 €,  Bügeleisen mit tastbaren Einstellungen, Preis: 76,50 €.
  • Heimcomputer komplett, Preis: 1.000 €, Heimcomputer mit Braillezeile, Sprachausgabe und der entsprechenden Software, Kosten: 10.000 €.
  • Ein Blick auf das Dosenetikett kostet 0,00 €, ein Prägegerät, um z.B. Dosen mit einem Blindenschriftaufkleber zu versehen kostet 76,60 €.

3. Warum wird das Blindengeld unabhängig vom Vermögen und Einkommen als Pauschalleistung gezahlt?

Manche Politiker sagen, wer ein wenig angespart hat, soll das erst aufbrauchen, bevor er steuerfinanzierte Sozialleistungen bekommen darf. Wer dies zum Dogma erklärt, darf konsequenterweise aber auch das Kindergeld nur noch Sozialhilfeempfängern auszahlen und muss über die Auszahlungshöhe der inzwischen zu einem großen Teil aus Steuermitteln finanzierten Rente nachdenken.

Um zu erklären, warum aus unserer Sicht das Blindengeld einkommens- und vermögensunabhängig sein muss, wieder ein kleines Beispiel:

Ihr 65. Geburtstag. Nach 45 Jahren gehen Sie in Rente. Ein ganzes Leben haben Sie einen Teil Ihres Gehalts gespart, weil Sie wussten, dass die gesetzliche Rente nicht ausreicht. Haben die Politiker Ihnen ja auch immer gesagt. 12.000 € liegen auf Ihrem Konto. Dann die Diagnose im Rahmen des Routinebesuches bei Ihrem Augenarzt: Altersbedingte Makuladegeneration. Folge: Erst Sehbehinderung, dann Blindheit. Nicht selten im Alter. 70 Prozent der blinden Menschen sind über 65 Jahre alt. Der Haushalt muss umgestellt werden. Sie brauchen Hilfe, auch welche, die etwas kostet. Konkret kostet es Ihre Altersvorsorge. Bis auf 2.600 €. Dann – nachdem Sie auch die Verhältnisse Ihrer Kinder gegenüber dem Sozialamt offen gelegt haben, hilft endlich der Staat. Jetzt sind Sie allerdings bis an Ihr Lebensende Sozialhilfeempfänger und Ihr Erspartes reicht nicht einmal mehr für ein würdiges Begräbnis. Durch die Abschaffung des einkommens- und vermögensunabhängigen Blindengeldes würde Blindheit wieder gleichbedeutend mit Armut sein.

Nehmen wir mal an, das Blindengeld würde nur noch – wie es die Politik anstrebt – in Form der vermögens- und einkommensabhängigen Blindenhilfe nach dem Sozialgesetzbuch 12 an blinde Menschen gezahlt werden, die weniger als 2600 € besitzen.

Obergrenzen für den Bezug der Blindenhilfe ab 1.1.2005
HaushaltEinkommensgrenze (Ohne Vermögen)Vermögensgrenze
Blinder ledig690,00 EUR2.600,00 EUR
Ehepaar beide ledig931,00 EUR2.854,00 EUR
Ehepaar, ein Kind, Vater blind1.173,00 EUR3.112,00 EUR

Rund 80 bis 90 % der blinden Menschen würden erst einmal keine finanzielle Unterstützung mehr bekommen. „Erst einmal“, weil sie mit der Zeit für die oben dargestellten blindheitsbedingten Kosten ihr Vermögen aufbrauchen müssten, bis sie die Voraussetzungen für den Bezug von Sozialhilfe erfüllen. Daraus würde folgen: Wer blind ist, ist (bald) auch automatisch arm.

Was sollen blinde Menschen in der Sozialhilfe?

Blinde Menschen auf die Sozialhilfe zu verweisen, entspricht nicht dem Sinn dieser Leistung. Sozialhilfe ist gedacht als eine Hilfe bei vorübergehender Bedürftigkeit. Mit dem Blindengeld sollen die finanziellen Nachteile ausgeglichen werden, die eine dauerhafte, ja lebenslange Behinderung mit sich bringt. Auch wenn es in der heutigen Situation sehr schwer ist, einen Ar-beitsplatz zu finden, haben auch selbst Langzeitarbeitslose, die in die Sozialhilfe abgerutscht sind, die Chance, mit einem neuen Job wieder aus der Sozialhilfe herauszukommen. Der blinde Mensch hat diese Chance nicht. Einmal Sozialhilfeempfänger geworden, bleibt er ein Leben lang abhängig von diesem System.

Sollen blinde Menschen gegenüber anderen Behinderten schlechter gestellt werden?

In Österreich erhält jeder blinde Mensch an Stelle des Blindengeldes das einkommens- und vermögensunabhängige Pflegegeld aus der Pflegeversicherung. Die Notwendigkeit der Begleitung von blinden Menschen, des Vorlesens für blinde Menschen und des Einsatzes von Hilfsmitteln gilt in Deutschland dagegen nicht als Grund für den Bezug von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die Begründung für diese Regelung war, dass es ja speziell für die blindheitsbedingten Mehraufwendungen das einkommens- und vermögensunabhängige Landesblindengeld gibt. Wenn nun aber diese Leistung wegfällt, so wäre dies eine deutliche Schlechterstel-lung der blinden Menschen gegenüber all denjenigen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten.

Die Abschaffung des einkommens- und vermögensunabhängigen Blindengeldes kostet die öffentliche Hand mehr Geld Gegen das Argument einiger Politiker, dass ein einkommens- und vermögensabhängiges Blindengeld der öffentlichen Hand viel Geld sparen würde, sei hier das Ergebnis der Prüfung dieser Frage durch den Landesrechnungshof  Niedersachsen aufgeführt: „Das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales hatte die Notwendigkeit des Landesblindengeldgesetzes untersucht, seine Aufhebung aber letztlich nicht weiter verfolgt, weil die Einsparungen bei der Blindenhilfe gering und der Verwaltungsaufwand für die dann fälligen Einkommens- und Vermögensberechnungen erheblich wären. Diese Annahmen haben sich durch die Feststellungen des LRH im Wesentlichen bestätigt.“ Nicht umsonst wurden die anfangs einkommensabhängigen Leistungen für blinde Menschen schließlich aus Ersparnisgründen in einkommens- und vermögensunabhängige Leistungen um-gewandelt. Ein weiteres Argument gegen die Vorstellung, durch die Blindengeldstreichung sparen zu können, kommt hinzu: Wie bereits dargestellt, werden anfangs nur 10 - 20 Prozent der blinden Menschen als Sozialhilfeempfänger die dort für Blinde vorgesehene finanzielle Leistung, die Blindenhilfe in Höhe von 585,- €, beziehen. Ebenfalls ausgeführt wurde aber, dass nach und nach sich das Verhältnis umdrehen wird, und fast alle blinden Menschen die Blinden-hilfe beziehen werden. Dass heißt, sie beziehen eine höhere Leistung als vorher. Für die Landesregierungen, die das Blindengeld finanzieren, mögen sich Einspareffekte ergeben. Für die Städte und Gemeinden, die den Anspruch prüfen und die Blindenhilfe auszahlen müssen, ergibt sich dagegen eine sukzessive Mehrbelastung. Zusätzlich verstärkt dürfte dieser Effekt durch folgenden Umstand werden: Bis zur Schaffung der Landesblindengelder haben blinde Menschen im Wesentlichen in Einrichtungen gelebt. Heute teilen dieses Schicksal nur noch 15 bis 20 Prozent der Betroffenen. Das ist umso erstaunlicher als die meisten jungen blinden Menschen mehrfachbehindert und am anderen Ende der Skala beinahe 40 Prozent über 89 Jahre alt sind. Die Abschaffung des Blindengeldes wird den Verbleib vieler blinder Menschen in ihrem familiären Wohnumfeld verkürzen und einen neuen Trend Richtung Einrichtungen in Gang setzen. Für die öffentliche Hand als Ganzes dürfte die Abschaffung des Blindengeldes unterm Strich somit deutliche Mehrkosten verursachen.

4. Wie hoch sind die Kosten, die dem blinden Menschen aufgrund seiner Behinderung entstehen?

Einen festen Betrag gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die Hilfsbedürfnisse. Eine blinde Mutter braucht andere Hilfen als ein blinder Masseur. Die Sozialhilfebehörden, die bekanntermaßen nicht großzügig in finanziellen Dingen sind und sein dürfen, haben deshalb einen Durchschnittsbetrag festgelegt, den auch die Selbsthilfeorganisationen der blinden Menschen für angemessen halten. Er liegt bei 585 € pro Monat.

5. Bekommen andere Behindertengruppen eine ähnliche finanzielle Unterstützung?

Ja, auch wenn es auch hier noch Einiges zu verbessern gäbe. Schwer körperbehinderte Menschen erhalten Leistungen aus der Pflegeversicherung – einkommens- und vermögensunabhängig. Die Kosten für geistig behinderte Menschen in Einrichtungen werden unabhängig vom Vermögen der Betroffenen und seiner Angehörigen voll getragen.